wenn melancholie hüpfen lässt

leonard cohen beseelte den römersteinbruch in st. margarethen und es war (obwohl die gräfin und ich schon das letztjährige gastspiel in wiesen besuchten und die show im großen und ganzen kannten):
h e r z e r g r e i f e n d.

wahrscheinlich insbesondere deshalb, weil der mann offensichtlich sehr genau weiß, dass er so eine tour – und also ein konzert im römersteinbruch – mit ziemlicher sicherheit nicht mehr machen wird können, gesundheit und alter (der mann wird in zwei wochen 76!) fordern ihren tribut (schon letztes jahr ist er bei seiner tour in spanien ohnmächtig zusammen gebrochen): i’m not sure, if we’ll pass again, but tonight, we will give everything, sagte er in etwa (so mich meine erinnerung nicht trügt) und breitete vor uns sein oeuvre aus, in beeindruckender souveränität, umgeben von neun musikern, die ihr geschäft wirklich verstehen, mit diesem bariton, von dem man den eindruck bekommen könnte, dass er mit den jahren immer reifer wird – wie eine gute flasche wein…

und was für seine stimme gilt, lässt sich so auch für seine songs behaupten: durchdrungen von großer poesie behaupten sie sich vor zeitgeistiger vereinnahmung und entwickeln mit den jahren, die man sie kennt ein immer gehaltvolleres bouquet. so saßen wir da – nebeneinander, die gräfin und ich, hielten uns an den händen und lauschten mit feuchten augen suzanne

(c) bruckner, leonard cohen, römsersteinbruch st. margarethen

…das er quasi solo spielte, unmittelbar nach der pause, bedächtig seine elektroakustikgitarre zupfend – and you want to travel with him… steht da, der alte man im nadelstreif, fedora-hut, zeitweise fällt tiefer schatten über seine augen, sein gesicht, dann wieder – wenn er sich aufrichtet, leuchten sie auf, die augen, der blick richtet sich in die ferne, vor unseren augen macht er sich auf die reise und erklärt uns in anthem: there is a crack in everything, that’s how the light gets in… und nichts weniger lässt sich behaupten, als dass cohen inzwischen jeden sprung kennt, aber sehr gut weiß, dass es diese sprünge braucht, sonst würde sich nichts erkennen lassen.

(c) bruckner, leonard cohen, römersteinbruch st. margarethen

nach fünf zugaben und einer gesamtspielzeit von über drei stunden, verließ cohen dann die bühne, widerstrebend – nachdem er seine mitmusiker davon überzeugt hatte, dass er doch noch ein stück spielen will… dann, verdunkelte sich die bühne, der applaus hallte lange nach, die roadies begannen mit dem bühnenabbau. wir standen noch immer staunend da. es war licht durch den sprung herein gekommen.